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Eröffnungsrede der Ausstellung in den Meininger Museen am 06. Oktober 2016


Prof. Hubuertus Karsten bei der Eröffnungsrede

Guten Abend verehrte Anwesende aus nah und fern,


ich habe die Ehre und das Vergnügen, die heute beginnende Ausstellung der Meininger Museen eröffnen zu dürfen. Dazu heiße ich sie alle herzlich willkommen.


Der Dichter, Aufklärer, Philosoph und Freimaurer Gotthold Ephraim Lessing lässt in seiner Schrift „Ernst und Falk, Gespräche für Freimäurer“ den ersten der beiden Protagonisten, nämlich Ernst, sagen: „Die Freimaurerei ist nichts Entbehrliches“. Worauf der zweite, also Falk, ergänzt: „Die Freimaurerei war immer“.


Zu allen Zeiten gab es trotz Mühsal, Betrübnis und blutiger Schändlichkeit im Tageswerk die Nachdenklichen, die Zweifler, die Suchenden, auch solche, die sich mit den bestehenden Herrschaftsstrukturen und ihren Normen und den Antworten ihrer Zeit nicht abfinden wollten. Sie waren bestrebt, Abstand vom durchlebten Geschehen zu gewinnen und eigene, innere Pfade zu begehen.


Dr. T. Laube, Meister von Stuhl der Loge Georg-Liberalitas (l.), Prof. H. Karsten, Altstuhlmeister (r.)

Sie kämpften in Auseinandersetzung mit der sie umgebenden Gesellschaft auf sehr persönliche Weise um ihr individuelles Menschsein und um ein menschliches Handeln zur rechten Zeit. Sie wollten sich frei und unabhängig halten im Denken oder für ihr Leben einen Sinn suchen, ungegängelt von religiös tradierter Lehrmeinung. Ein Blick in die Geschichte bestätigt diese Aussagen für alle Zeiten und Kulturen menschlichen Seins, auch in Meiningen!


Offiziell tritt die humanitäre Freimaurerei in dieser Stadt erstmals im Jahr 1741, also vor genau 275 Jahren, in Erscheinung. Damals gründete der Regent Herzog Karl Friedrich die Loge „Aux trois boussoles“ („Zu den drei Kompassen“). Seither ist die Freimaurerei am Ort mit zeitlichen Unterbrechungen präsent. Es gibt in Meiningen wohl keine Institution mit einer vergleichbar langen Tradition.


Das genannte Datum gab den hiesigen Museen den Anlass, der Geschichte und dem Wirken der Freimaurer in Meiningen in einer Ausstellung Raum zu geben.


Herausgearbeitet werden politische wie gesellschaftliche Wechselwirkungen in den verschiedenen Zeitabschnitten seither. Sogar der aufklärerische Bund der Illuminaten, der um 1800 eine kurze, teils heftige Daseinsphase hatte und danach verschwand, kommt zu Museumsehren.


Bilder, Dokumente und Modelle vertiefen die Eindrücke und geben ein breites Bild von der Bedeutung und dem Brauchtum in den Logen. Aufgebaut ist zudem ein historischer Tempel mit vielen maurerischen Symbolen, die hervorheben, dass Freimaurerei weder eine Religionsgemeinschaft noch eine geheimbündlerische Gruppierung ist.


Tatsächlich sind Logen humanitär-ethische Bruderschaften, die dem Guten, Wahren und Schönen zugewandt sind.


Die Fachleute des Museums waren bemüht, aus zahlreichen Einzelstücken ein Gesamtbild der Freimaurerei in Meiningen so zu rekonstruieren, dass ihre Einbindung in die Stadt und das Umland bis zum heutigen Tag nachvollziehbar ist.


Die Geschichte der Freimaurerei wird zeitlich strukturiert dargeboten. Auf die Gründungsphase im 18. Jahrhundert, aus der die bedeutsame Loge „Charlotte zu den drei Nelken“ hervorging, folgen schwierige Zeitabschnitte, nicht zuletzt bedingt durch die Politik der Restauration am Beginn des 19. Jahrhunderts und durch Metternichs totale Spitzelherrschaft über ganz Europa.


Oder wollte das angeblich von Gott eingesetzte adelige und kirchliche Herrschaftssystem, präzise Unterdrückungsgefüge, die ach so brandgefährlichen großen deutschen Denker, Dichter und Komponisten besser unter Kontrolle halten, zumal die meisten von ihnen Freimaurer waren?


Auch den Freimaurer Wolfgang Amadeus Mozart?


Ich hebe ihn hervor, weil wir nun aus der Freimaureroper „Die Zauberflöte“ die Arie „Oh Isis und Osiris“ hören. Sie wird vorgetragen von Kammersänger Roland Hartmann, am Klavier begleitet von Rudolf Hild.


Die Hochzeit der Meininger Freimaurerei gegen Ende des 19. Jahrhunderts und im ersten Teil des 20. Jahrhunderts weist auf eine rege kulturelle und soziale Aktivität der Loge „Charlotte zu den drei Nelken“ hin, die weit über die Grenzen des Herzogtums Anklang, ja sogar Nachahmung fand.


Das dunkelste Logenkapitel der “Charlotte“ beginnt mit dem Jahr 1933. Denn nach der Machtergreifung sorgten Nazibarbaren dafür, alles kulturell Wertvolle nieder zu trampeln. Sie verbrannten Bücher, verfolgten Wissenschaftler, Dichter und Maler und machten auch nicht vor den deutschen Logen halt. Diese wurden bis zum Jahr 1935 ohne Ausnahme geschlossen. Auch diesen Zeitabschnitt beleuchtet die Ausstellung.


Die sogenannte dunkle Zeit endete erst im Jahr 1990 mit der endgültigen Öffnung der innerdeutschen Grenze. Danach schließt sich mit der Gründung der Loge „Georg Liberalitas“ im Jahr 1992 die Ist-Zeit der Freimaurerei in Meiningen an. Ihr ist das letzte Kapitel im Museum gewidmet.


In Kooperation mit der Loge „Georg Liberalitas“ entwickelten Museumsleitung und Mitarbeiter ein, wie ich meine, beeindruckendes und interessantes Gesamtobjekt. Es spiegelt einen speziellen Aspekt der Meininger Geschichte wider. Vergleichbares in Nah und Fern gibt es nicht.


Mein Dank gilt Herrn Wiegand, dem Direktor der Museen, der die Ausstellungsidee mitgetragen hat. Besonders danken möchte ich dem Museumsteam aus Frau Jakob, Herrn Kern und Herrn Götz für das hohe Engagement, die Geduld und manchen langen Gesprächsabend in der Vorbereitungsphase.


Diesen Dank soll die nun folgende Arie „In diesen heil´gen Hallen“ aus der „Zauberflöte“ musikalisch untermalen.


Heute endlich gibt das Museum den Blick frei auf die Ausstellung


„275 Jahre Freimaurerei in Meiningen

Im Geist der Zeit – entgegen dem Zeitgeist?“.


Seien sie bereit, sich im Rahmen ihres Ausstellungsbesuches auf ein kleines ethisch-philosophisch-historisches Abenteuer einzulassen, die Stille der Örtlichkeit anzunehmen und mit Offenheit dem Gezeigten zu begegnen. So erlangen sie Einblick in ein spannendes, zum Nach-denken und Reflektieren anregendes Geistes-Biotop der besonderen Art.


Ich wünsche ihnen reichlichen Gewinn. Die Ausstellung ist hiermit eröffnet!


Wir hören zum Schluss von Mozart den 1. Satz - Allegro aus der Sonate F-Dur KV 332.


Vielen Dank, dass sie gekommen sind. Dank auch an beide Künstler.


Jetzt anschließend lädt uns das Museum zu einem kleinen Umtrunk ein, danach besteht die Möglichkeit zum Ausstellungsbesuch.


Vielen Dank!


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